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Brief Nr. 5: Raumschiff Erde und die Jahreszeiten

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Hallo,

ich bin wieder heil zurück auf meinem großen Raumschiff. Für solche Ausflüge wie zum Mars nehme ich immer lieber das kleine Raumschiff, das wir dabei haben. Damit kann man viel besser überall landen und wenn mal etwas kaputt geht, dann kann ich das große Raumschiff zur Hilfe rufen.
Ich bin jetzt ziemlich müde. Ständig mit dieser Art Raumanzug rumlaufen, das schlaucht ganz schön. Aber ich wollte Dir ja noch etwas über die Jahreszeiten erzählen. Die fand ich bei meinem Besuch auf der Erde übrigens besonders spannend, weil wir so etwas auf meinem Planeten gar nicht haben. Wir haben zwar auch unterschiedliches Wetter, aber so etwas wie Sommer, Herbst, Winter und Frühling kennen wir nicht.

Deshalb habe ich mir auch darüber gar keine Gedanken gemacht, als ich vor einigen Monaten zum ersten Mal auf die Erde gekommen bin. Ich habe natürlich vor meiner Reise so viel wie möglich über die Erde gelesen. Aber so viel gab es da bei uns gar nicht drüber und deshalb habe ich gedacht, dass es schon irgendwie so aussehen wird, wie bei mir zu Hause. So habe ich es mir zumindest vorgestellt. Als ich dann aber zum ersten Mal bei Euch auf der Erde mit meinem kleinen Raumschiff gelandet bin und frohen Mutes ausstieg, kannst Du Dir meine Verblüffung vorstellen, als da plötzlich alles weiß, kalt und nass war? Heute weiß ich natürlich, dass das nur Schnee war. Aber damals, bei meinem ersten Schritt auf der Erde, bin ich sofort voll auf den Bauch gefallen, mit dem Gesicht voran mitten hinein in diese seltsame weiße Masse. Vor Schreck bin ich erst einmal ganz schnell zurück in mein Raumschiff gestürmt. Ich wusste ja nicht, ob das da draußen vielleicht giftig war. Zum Glück beruhigte mich Freddie. Er hatte den Schnee untersucht und erzählte mir, dass das nur gefrorenes Wasser war. Ach, was war ich da erleichtert. Ein bisschen Forscher ist Freddie ja auch.

Mein Plan war damals, die Erde von ganz oben bis nach ganz unten zu erforschen. Deshalb war ich zunächst am Nordpol gelandet. Aber da dort nur Schnee und Eis war, bin ich schon bald weitergeflogen. Als ich dann wieder landete, da dachte ich mir, dass ich jetzt klüger bin. Deshalb habe ich dicke Klamotten und die festesten Schuhe angezogen, die ich hatte. Dann bin ich ausgestiegen und … puh… war das plötzlich heiß. Ich konnte mir gar nicht schnell genug die Sachen vom Körper reißen und die Schuhe abziehen. Ich war in einer Wüste in Afrika gelandet. Freddie hat mich nur ausgelacht. Dabei können Roboter eigentlich gar nicht lachen. Aber ich schwöre Dir, ich habe Freddie lachen hören.

Da ich ein ernsthafter Forscher bin, habe ich Freddie einfach ignoriert und nachgedacht. Wie konnte es sein, dass es auf dem selben Planeten gleichzeitig an einer Stelle ganz kalt und an einer anderen ganz heiß ist? Noch verrückter war, dass ich bald feststellte, dass es an der selben Stelle auf der Erde mal kalt sein kann und einige Monate später ist es dort richtig warm. Und nach zwölf Monaten ist es plötzlich wieder kalt. Freddie hat mir geholfen, das Rätsel zu lösen. Dazu mussten wir aber erst einmal zurück in den Weltraum fliegen.

Da haben wir gesehen, dass die Erde um die Sonne fliegt. Das mag für Dich ganz selbstverständlich klingen, aber es ist noch gar nicht so lange her, da wussten die Menschen das nämlich noch nicht - oder wollten es nicht wissen. Denn bis vor etwa 500 Jahren dachte man bei Euch, dass sich alles um die Erde dreht. Das passte auch wunderbar in das Bild, das die Kirche damals den Leuten von der Welt erzählte. Erst ein Mann namens Kopernikus kam zu der Zeit auf die Idee, dass vielleicht doch vielmehr die Erde um die Sonne reist. Na ja, eigentlich war Kopernikus gar nicht selber auf die Idee gekommen. Es gab nämlich schon vor 2300 Jahren (das ist ziemlich lange her) in Griechenland einen Menschen mit Namen Aristarchos von Samos, der diese Idee vor Kopernikus hatte. Aber den Aristarchos hatte man längst vergessen. Als nun aber Kopernikus und kurz darauf Galileo Galilei öffentlich behaupteten, dass die Erde um die Sonne kreist, da gab es eine ziemliche Aufregung darum. Insbesondere die Kirche fand das gar nicht lustig und kämpfte dagegen an. Aber irgendwann haben es die Menschen auch eingesehen.

Ich kann Dir als Forscher aus erster Hand berichten, dass es tatsächlich so ist, dass die Erde um die Sonne fliegt. Ich hab es mit eigenen Augen gesehen. Die Erde ist wie ein riesiges Raumschiff, das die Sonne umkreist. Der Flug dauert dabei ziemlich genau ein Jahr, bevor die Erde mit der nächsten Umrundung der Sonne beginnt.

Allerdings hatte sich Kopernikus damals doch in einer Sache geirrt. Er dachte nämlich, dass die Erde im Kreis um die Sonne herum fliegt. Das heißt, er dachte, dass die Erde immer den gleichen Abstand von der Sonne hat. In Wirklichkeit ist die Flugbahn der Erde jedoch etwas auseinander gezogen und sie sieht eher aus wie ein ovales Ei. Man sagt dazu auch Ellipse. Und der, der auf diese Idee nun wiederum gekommen ist, das war ein Herr Kepler - „Ellipsen-Kepler“ sozusagen.

Aber nur, weil die Erde um die Sonne fliegt, erklärt das ja noch nicht, wieso Ihr Sommer und Winter habt. Bei mir zu Hause fliegt mein Planet auch ständig um eine Sonne, manchmal sogar um mehrere Sonnen. Und wir haben keinen Schnee und es wird immer jeden Tag sehr ähnlich warm.

Ich habe bei meinen Forschungen auf der Erde festgestellt, dass viele Menschen denken, dass es damit zu tun hat, dass die Erde durch die Ellipse ja mal etwas weiter weg von der Sonne ist und mal etwas näher dran. Dann soll das so sein, wie bei einem heißen Ofen oder Feuer. Je näher man dran ist, umso wärmer wird es.
Das ist aber Quatsch. Dann hätte es bei meiner ersten Landung am Nordpol nicht viel kälter als bei meiner Ankunft in der Wüste sein dürfen. Daraus habe ich geschlossen, dass es wohl einen anderen Grund für die unterschiedlichen Temperaturen geben muss.

Ich habe lange darüber nachgedacht, und erst als ich mal beim Essen ein wenig verträumt auf meinem Raumschiff aus dem Fenster auf die Erde und ihre Reise um die Sonne geguckt habe, da ist es mir plötzlich aufgefallen. Die Erde hängt nämlich schief im Weltraum. Na ja, sie ist nicht wirklich schief, schließlich kannst Du einen Ball auch nicht schief halten. Aber die Erde dreht sich ja noch zusätzlich bei ihrem Flug um die Sonne um sich selbst. Deshalb könnt Ihr auf der Erde mal die Sonne sehen und dann wieder nicht. Und diese Drehung, die ist eben ziemlich schief.

Während sich die Erde ständig um sich selbst dreht, ist mal die untere Hälfte der Erde mehr zur Sonne geneigt und mal die obere Hälfte. Die Entfernung der Erde von der Sonne ist dabei wieder egal. Wichtig ist, dass wenn zum Beispiel der obere Teil der Erde zur Sonne geneigt ist, die Sonne viel länger auf diesen oberen Teil der Erde scheint. Außerdem treffen mehr Sonnenstrahlen direkt auf diesen Teil der Erde. Von der unteren Seite der Erde kann man dann die Sonne viel kürzer sehen und damit hat die Sonne auch weniger Zeit, um diesen Teil der Erde aufzuwärmen. Außerdem fallen dort die Sonnenstrahlen nicht direkt auf die Erde, sondern sie streifen die Erde nur, so dass es auch schon deswegen kälter dort ist.

Das kannst Du Dir so vorstellen wie wenn ich Dich mit einem Wasserschlauch nass mache. Wenn ich den Wasserstrahl direkt auf Dein Gesicht ziele, dann wirst Du im Gesicht ziemlich schnell nass. Wenn ich aber schlecht von der Seite auf Dich ziele, dann wirst Du zwar auch im Gesicht nass, aber nicht ganz so schnell, weil einiges von dem Wasser an Deinem Gesicht vorbei geht und entweder gar nichts trifft oder noch etwas Dein T-Shirt und die Hose anfeuchtet. Bei der Sonne ist es auch so. Wenn im Sommer die Sonnenstrahlen direkt auf Dich am Strand scheinen, dann wird Dir ziemlich schnell warm und Du musst Dich gut eincremen. Im Winter treffen die Sonnenstrahlen hingegen nur schief auf die Erde, weil Du dann auf der Erdhalbkugel bist, die sich von der Sonne weg duckt. Die Sonne zielt sozusagen ziemlich schlecht und trifft den Teil der Erde nur ein bisschen. Dann ist es die andere Halbkugel, die direkt auf die Sonne gerichtet ist. Ganz oben und ganz unten auf der Erdkugel treffen die Sonnenstrahlen auch nur sehr schief auf die Erde. Deshalb ist es dort an den Polen immer kalt und genau da bin ich zuerst auf der Erde gelandet. In dem Bereich in der Mitte der Erde, da wo die Nordhalbkugel und die Südhalbkugel aufeinander treffen, das ist der Äquator. Da ist es immer heiß und die Sonne scheint täglich direkt von oben mit ihrer ganzen Kraft. Genau da hatte ich mich bei meiner zweiten Landung so warm angezogen. Kein Wunder, dass ich da ins Schwitzen gekommen bin. Schön blöd von mir.

Wenn Du das jetzt nicht alles verstanden hast, dann ist das auch nicht schlimm. Ich als angehender großer Forscher hab schließlich auch länger gebraucht, bis ich das herausbekommen habe und die Menschheit hat sogar mehrere tausend Jahre dazu benötigt. Auf meinem Heimatplaneten wusste davon gar keiner. Aber wenn Du klüger sein willst als viele andere Menschen, dann merk Dir vor allem, dass die Jahreszeiten nicht von der Entfernung der Erde zur Sonne abhängen, sondern davon, wie die Erde bei ihrem Flug um die Sonne gerade schief in der Kurve hängt. Die wechselnde Entfernung der Erde zur Sonne kann allenfalls die Winter ein ganz bisschen kälter und die Sommer ein klein wenig wärmer machen. Mehr aber auch nicht.

Um den 21. März ist immer auf der Nordhalbkugel der Erde, wo auch Deutschland liegt, der Frühlingsanfang. Da steht dann die Erde zur Sonne so, dass Tag und Nacht genau gleich lang sind. Das passiert noch einmal um den 22. September herum, also ein halbes Jahr später, wenn der Herbst bei Dir beginnt. Dazwischen liegt bekanntlich der Sommer, wobei um den 21. Juni herum der längste Tag und die kürzeste Nacht sind. Außerdem beginnen um die Zeit die Sommerferien. Da geht die Sonne schon früh morgens auf und spät abends unter, wenn Du wahrscheinlich schon schläfst. Wenn Du noch etwas weiter im Norden bist, zum Beispiel in Schweden, dann geht die Sonne da sogar einige Tage lang gar nicht unter. Das ist der Sommeranfang. Eigentlich werden dann die Tage zwar wieder kürzer, aber dennoch sind gerade der Juli und der August meist die wärmsten Monate. Das hängt damit zusammen, dass die Erde etwas braucht, bis sie sich aufwärmt.
Um den 21. Dezember schließlich ist der Winteranfang und damit der kürzeste Tag, bei dem die Nordhalbkugel besonders ungünstig gegenüber der Sonne steht. Ungünstig zumindest dann, wenn man es lieber warm mag. Wenn man auf Schnee zu Weihnachten steht, dann ist das allerdings sogar sehr günstig. Aber viel hat man vom Tag beim Winteranfang nicht, weil da die Sonne erst kurz vor 9 Uhr morgens aufgeht und schon vor 16 Uhr verschwindet. Ganz oben im Norden der Erde kann es dann sogar sein, dass die Sonne gar nicht aufgeht. Da ist es dann einige Wochen lang nur dunkel. Ziemlich doof, oder?
Auch im Winter braucht die Erde einige Wochen, um sich abzukühlen, so dass eher der Januar der richtig kalte Monat bei Dir sein wird.

Dass ich Dir nicht den exakten Zeitpunkt sagen kann, wann jeweils Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winteranfang ist, liegt daran, dass die Erde eigentlich etwas länger als 365 Tage, also ein Jahr, braucht, um einmal um die Sonne zu fliegen. Auf der Erde tut Ihr nur so, als wenn die Erde nach einem Jahr wieder am Ausgangspunkt ihrer Reise um die Sonne wäre und alles wieder von vorne beginnt. In Wirklichkeit braucht die Erde noch etwa fünf Stunden länger. Dadurch verschieben sich nach und nach die Daten, wann die jeweiligen Jahreszeiten anfangen und wann zum Beispiel der längste Tag ist. Damit das aber über die Jahre nicht ausufert und plötzlich der Sommer eigentlich Winter ist, gibt es alle vier Jahre das sogenannte „Schaltjahr“. Dann gibt es plötzlich noch einen 29. Februar und damit einen Tag mehr im Jahr. Das ist jedoch ein ziemlich blödes Datum für einen Geburtstag, da man dann den Geburtstag eigentlich nur alle vier Jahre in den Schaltjahren feiern kann. Aber dafür sind dann vielleicht die Geschenke größer …
Mit dem zusätzlichen Tag im Kalender im Schaltjahr kommt die Rechnung mit dem Kalender und den Jahreszeiten ungefähr wieder hin. Um das noch genauer hinzubekommen und um es noch etwas komplizierter zu machen, wird alle hundert Jahre das Schaltjahr einmal ausgelassen. Das wird zum Beispiel im Jahr 2100 wieder der Fall sein. Und damit es richtig kompliziert wird, sind die Jahre 2000, 2400, 2800 und so weiter doch wieder Schaltjahre ... Puh ... Einfach mögt Ihr es auf der Erde nicht, oder?

Auf meinem Planeten haben wir ja mehrere Sonnen, die auf uns herunter scheinen. Zwar fliegt mein Planet vor allem um eine der Sonnen und ist auch etwas schief, so dass wir eigentlich Jahreszeiten haben sollten. Aber die anderen Sonnen heizen einfach von allen Seiten meinen Planten zusätzlich auf, so dass wir immer so etwas wie Sommer haben. Vielleicht ist nicht jeden Tag Badewetter, aber Eis und Schnee haben wir nie. Es gibt nur einige Berge bei uns, wo es oben etwas kälter sein kann. Aber da mit Schlitten oder Skiern runterzufahren, auf die Idee ist noch keiner gekommen. Ich fand Euren Winter auf der Erde schon cool. Das macht Spaß, auch wenn ich beim ersten Mal Schlittenfahren umgekippt bin und mein Hintern einige Tage blau war. Aber das war es wert. Ich bin gespannt, wie meine Lehrerin und die Mitschüler gucken, wenn ich ihnen die Fotos vom Winter auf der Erde zeige. Ich hab nämlich sogar einen Schneemann gebaut, der sah fast so aus wie meine Lehrerin. Hi hi …

Doch jetzt muss ich wirklich ins Bett. Schlaf auch gut und flieg ruhig mit Deinem Raumschiff Erde weiter um die Sonne.

Dein Rolf.

Brief Nr. 4: Der Mars Brief Nr. 6: Wo ist mein Gürtel?