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Brief Nr. 8: Einmal tief durchatmen beim Jupiter

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Hallo,

heute hätte ich Freddie fast in seine Einzelteile zerlegt, so sehr hat er mich genervt. Ich hatte Dir doch gestern geschrieben, dass ich mich so auf den Jupiter gefreut habe. Und was sagt mir heute Morgen Freddie kurz nach dem Aufwachen? Dass ich mich beeilen und ganz genau hinsehen soll, da wir sehr sehr schnell an Jupiter vorbeirasen würden. Da bin ich aber vielleicht wütend geworden.

„Das kann doch nicht wahr sein. Echte Forscher rasen doch nicht an den interessanten Dingen vorbei. Die wollen studieren, genau hinsehen und experimentieren“, hab ich ihn angebrüllt. Eigentlich wollte ich gar nicht so laut werden und mir tut das jetzt auch Leid. Aber ich hatte ja auch schlecht geschlafen und wenn ich dann auch noch so geweckt werde … Naja, Freddie hat mich nur starr angeguckt und gewartet, bis ich wieder ruhiger wurde und drei Mal kräftig durchgeatmet habe. Dann hat er mir erklärt, dass wir den Jupiter als Sprungbrett benötigen würden. Die Gravitation würde uns mit einem Affenzahn auf den riesigen Planeten zu ziehen und kurz bevor wir mit ihm zusammenstoßen würden, wollte Freddie unsere Flugbahn mit den Triebwerken ablenken und wir würden immer noch mit einem Affenzahn an Jupiter vorbeifliegen. Damit hätten wir dann genug Geschwindigkeit, um weiter durch das Sonnensystem zu fliegen und Treibstoff zu sparen.

Ich hab ihn zwar weiter sehr böse angeguckt. Aber natürlich hatte er recht und wenn wir einfach nur auf einer Spritztour gewesen wären, dann hätte ich auch gar nichts gegen die wilde Achterbahnfahrt rund um den Jupiter gehabt. Aber ich bin Forscher und deshalb brauche ich mehr Zeit zum Beobachten. Das habe ich Freddie dann auch ganz ruhig erklärt und mich natürlich mit vielen blumigen Worten dafür entschuldigt, dass ich ihn so angebrüllt habe. Ein bisschen beleidigt war er aber wohl noch, denn er sagte nur: „Musst Du ja wissen. Dann bremse ich eben wieder. Du bist selber schuld, wenn dann der Treibstoff nicht bis nach Hause reicht!“ Das sollte zwar bedrohlich klingen, aber ich bin mir sicher, dass er nichts tun würde, was uns ernsthaft in Gefahr bringt. Und sei es nur, weil Freddie auch wieder nach Hause will. Ich habe aber nur gesagt „Ich weiß schon, was ich tue“, weil das so richtig forschermäßig klingt und dabei habe ich ganz ernst geguckt.

Dann ist Freddie in den Maschinenraum gegangen und plötzlich hing ich mit dem Gesicht platt gedrückt an der Frontscheibe des Raumschiffs. Freddie hat so abrupt gebremst, dass ich mehrere Meter noch vorne geflogen bin. Roboter können also allem Anschein nach tatsächlich beleidigt sein. Das habe ich als Forscher damit heute also schon mal entdeckt ;-)

Nachdem ich mich aufgerappelt und die Frontscheibe wieder sauber gewischt habe, konnte ich nun in aller Ruhe Jupiter studieren. Dafür haben wir ein großes Fernglas an Bord. Nun fragst Du Dich vielleicht, warum wir nicht einfach auf Jupiter gelandet sind, wenn ich Freddie schon „überzeugen“ konnte langsamer zu fliegen. Das hat einen einfachen Grund: auf Jupiter kann man gar nicht landen. Und wenn man es doch versucht, dann ist man irgendwann ganz platt gedrückt wie so ein Fisch auf Eurer Erde, den Ihr glaube ich Flunder nennt. Jupiter besteht nämlich fast nur aus Gasen.

Jetzt denkst Du vielleicht, dass das nur ein Geister-Planet ist, wenn der nur aus Luft besteht. Zwar hast Du recht, dass auch die Luft, die Du ständig atmest, ein Gas ist. Aber zum einen kann auch Luft ziemlich schwer werden, wenn es ganz viel davon gibt und zum anderen besteht Jupiter aus etwas anderer Luft, als Du sie kennst. Atmen kann die ein Mensch nicht. Dass das Gas von Jupiter ziemlich schwer werden kann, sieht man schon daran, dass im Inneren des Planeten der Druck so stark wird, dass das Gas flüssig wird und dann sogar fest wie Metall. Versuch mal Luft so stark mit Deinen Händen zusammen zu pressen, dass sie flüssig wird. Das schaffst Du nicht. Das schaffen selbst alle starken Menschen der Erde nicht. Aber Jupiter hat so viel Gas übereinander gestapelt, dass tatsächlich der Druck so hoch wird, dass das passiert. Wahnsinn. Aber da will ich nicht zwischen sein. Ihr Menschen habt sogar schon kleine ferngesteuerte Raumschiffe zum Jupiter geschickt, die dann durch das Gas gefallen sind. Aber irgendwann sind sie dann natürlich kaputt gegangen, weil sie dem Druck nicht mehr Stand halten konnten. Deshalb bin ich nicht so verrückt und versuche auf Jupiter – oder besser in Jupiter – zu landen. Das verstehst Du doch sicherlich, oder?

Viel sehen würde man da wahrscheinlich auch nicht. Schließlich herrscht auf Jupiter ständig ein ziemlicher Sturm. Das kannst Du sogar von der Erde aus mit einem Teleskop sehen. Da wackeln zwar keine Bäume im Wind, aber es gibt riesige Wirbelwinde. Und da die Gase von Jupiter verschiedene Farben haben, kannst Du durch das Teleskop sehen, wie der Wind die Gase durcheinander bringt. Ich sehe das hier gerade durch mein Fenster sogar ganz ohne mein Fernglas. Der größte Wirbelwind ist nämlich ein großer roter Fleck, der durch den Sturm gebildet wird. Und was meinst Du, wie Ihr den großen roten Fleck auf der Erde nennt? Genau, er heißt einfach „Großer Roter Fleck“. So einfach kann Wissenschaft sein.

Wirbelstürme auf Jupiter sind übrigens nicht so wie auf der Erde am nächsten Tag oder nach einer Woche wieder vorbei. Die können dort ziemlich lange dauern. Den großen roten Fleck hat man zum Beispiel schon vor 300 Jahren von der Erde aus gesehen. Und wahrscheinlich ist er noch viel älter. Dabei wandert er aber immerhin etwas hin und her. Und dass er wirklich groß ist, wirst Du mir spätestens abnehmen, wenn ich Dir verrate, dass er doppelt so breit ist wie die Erde. Du könntest also zweimal die Erde nebeneinander in den Wirbelsturm legen – sofern Du denn gerade zwei Erden zur Hand hättest.

Es gibt übrigens noch viele weitere Wirbelstürme auf Jupiter. Aber um die von der Erde aus zu sehen braucht man schon größere Teleskope. Ich kann hier in meinem Raumschiff ganz gemütlich zuschauen, was sich so auf Jupiter an schlechtem Wetter zusammenbraut. Gut, dass da niemand leben muss.

Oh, ich höre gerade, dass Freddie zurück aus dem Maschinenraum kommt. Ich hoffe, dass er jetzt nicht mehr beleidigt ist und lieber selber noch ein wenig den Stürmen auf Jupiter zuschaut. Und außerdem habe ich ziemlichen Hunger bekommen und Freddie kocht doch so gut.

Wünsch mir also einfach mal einen guten Appetit. Bis später.

Dein Rolf.

Brief Nr. 7: Anziehend Brief Nr. 9: Rennen rund um Jupiter